Jan, 19, hochaktiver Blogger von Weltruhm, ist gerade nicht mehr in Israel. Vielleicht habt ihr das schon rausgefunden, falls ihr mir auf Instagram oder sowas folgt. Wenn nicht: ich bin gerade in Bulgarien!
Sowas hält mich aber nicht davon ab noch Posts über Sachen aus Israel zu schreiben. Ich hab schließlich noch einiges zu tun (deswegen auch so viele Posts). Zum Beispiel möchte ich noch Bilder aus der Wüste zeigen. Aber das kommt dann so in zwei Monaten, keine Sorge!
Heute geht es also um Clil, wo ich Anfang April war, ich brauchte halt einen Monat um das erlebte zu reflektieren, ihr versteht?
Clil ist ein kleines Dorf in Galiläa, weswegen es auf Englisch auch Clil in the Galilee genannt wird. Galiläa liegt Norden Israels, und ist die grünste Gegend des Landes. Natürlich ist auch diese Gegend sehr alt. Und in der Bibel ist auch Galiläa sehr wichtig. Aber soweit in die Geschichte zurück gehen wir heute nicht. Aber schon ein paar hundert Jahre. Ist halt immernoch Israel.
Clil ist so ein Ort wo alle vier Stunden ein Bus kommt. Und obwohl Clil nur 500 Einwohner hat, ist es größer als die 30 Kilometer entfernte, ziemlich langweilige, Planstadt Karmi'el mit 45.000 Einwohnern.
Clil wurde in den 70ern gegründet, mit dem Konzept ein Ort für Ökologie und Nachhaltigkeit zu sein. Organisch halt und so. Was auch heißt: Katzen, Hunde und sowas! Es hat sich also voll gelohnt diesen Post zu öffnen oder?
Ich finde Clil halt einfach schön. Deswegen schreibe ich das hier ja auch. Clil liegt mitten in den grünen Hügeln Galiläas, ist sehr weit gefächert und sieht halt einfach cool aus. Aber genug gelangweilt, Fotos!
Ganz Clil auf ein Foto zu kriegen ist wahrscheinlich unmöglich.
Clil ist außerdem nicht weit von Nahariya am Meer weg.
Obligatorische Katze, muss halt einfach sein. Er war sehr scharf auf mein Essen.
Nicht weit von Clil weg gibt es die Ruinen von Burg Yehiam. Und naja, als Enthusiast alter Steine muss ich da halt hin. Außerdem ist in Clil nicht so viel los, der Töpferworkshop ist leider nur am Wochenende.
Also ging ich einmal quer durch Clil, und bis nach Yehiam, ein super schöner und ziemlich leerer Wanderweg. Tatsächlich sah ich keinen anderen Menschen auf dem Weg. Für einen Blogpost ist mir halt kein Abenteuer zu waghalsig, müsst ihr wissen.
Durch Clil...
...Blumen und...
...Wiesen und...
... Wälder...
...kämpft sich...
...langsam bergauf...
...und ihm offenbart sich...
...schon bald...
...der Blick...
...auf das...
...blaue Mittelmeer.
Nach sechs Kilometern war ich also im kleinen Kibbuz Yehiam. Der Kibbuz, das ist sowas wie eine Kommune, ist nicht so interessant. Hier wird zwar Wein hergestellt, aber leider war der Verkauf gerade geschlossen. Schade, aber ich bin sowieso kein Weintrinker. Wobei Israel für Weinfreunde eigentlich ganz attraktiv ist, nur so nebenbei.
Ich bin aber aber nach Yehiam gekommen um die Burgruine zu sehen. Und weil es in Clil halt nicht viel zu tun gibt.
Festung Yehiam (oder was davon übrig ist) ist auch nicht zu übersehen. Also nichts wie rein da!
Auf dem Berg liegt Festung Yehiam, früher das Machtzentrum der Region für Kreuzritter und Beduinenführer.
Festung Yehiam, benannt nach dem Kibbuz, nicht der Kibbuz nach ihr, wurde 1220 etwa von den Kreuzrittern des Deutschen Ordens erbaut, die von hier aus die Gegend kontrollierten. Leider hat sie ihren Zweck nicht wirklich langfristig erfüllt, etwa 50 Jahre später wurden die Kreuzritter vertrieben und die Burg zerstört. Einen zweiten Anlauf gab es in den 1760er Jahren, als Beduinenherrscher Zahir al-Umar sie zu seinem Hauptquartier machte und wieder aufbaute. Dabei fügte er noch ein türkisches Bad und eine Moschee hinzu. Aber auch diese Epoche war nur von kurzer Dauer, in den 1775 wurde er vertrieben und die Burg verfiel. Interessant daran ist aber, das man die Baustile der Kreuzritter und der Muslime an der Festung sehen kann. Während die Kreuzritter mit großen Steinen bauten, verwendeten die Muslime im 18. Jahrhundert kleinere Steine. Kann man heute auch immer noch sehen, achtet einfach mal drauf. Oder guckt euch halt einfach die Fotos an.
Der alte Hauptsaal der Burg
Auf eine Burg gehört halt einfach eine Flagge. Das weiß man auch in Israel.
In der Moschee, die Nische in der Wand zeigt Richtung Mekka. Und der Typ da ist nur aus Blech und erklärt worum es hier geht.
Seht ihr wie sich die Steine verändern? Cool oder?
Ein Blick aus der Perspektive eines Schützen auf Galiläa
Vom höchsten Punkt aus erklärt sich warum diese Burg ausgerechnet hier gebaut wurde.
Ein eigener Brunnen ist im Falle einer Belagerung bestimmt ganz praktisch. Aber dazu kam es erst in den 1940ern. Die beiden Male davor wurde Burg Yehiam direkt gestürmt.
Burg Yehiam ist ganz cool. Es ist nicht viel los, man hat eine tolle Aussicht und lernt ein bisschen was über die Geschichte der Region und Architektur. Interessant, aber nichts weltbewegendes. Israel hat mit Masada eine viel bedeutendere Burgruine zu bieten, dazu mehr im Wüstenpost, 2019 oder so.
Ihren Hauptzweck als Burg, den Verteidigern im Falle einer Belagerung Schutz bieten erfüllte Burg Yehiam tatsächlich erst als Ruine in den Jahren 1947 und 1948. Als Israel um seine Unabhängigkeit gegen die Araber kämpfte verschanzten sich hier jüdische Siedler, die hier einen Kibbuz gründen wollten. Monatelang belagerten die Araber die Israelis, nur selten kam etwas Hilfe durch. 1948 eroberte die Israelische Armee aber diese Gegend von Galiläa und beendete die Belagerung. Die Siedler gründeten den Kibbuz der heute vor der Festung liegt und benannten den Kibbuz und damit auch die Festung "Yehiam", nach einem Israelischen Offizier der versuchte den Belagerten Lebensmittel zu liefern, und der bei einem Angriff auf seinen Konvoi starb.
Eine Stellung der Belagerten Israelis. Hätten die Araber schwerere Geschütze hätte man damit wahrscheinlich nicht Yehiam verteidigen können.
Ich machte mich auf den Weg zurück nach Clil.
Aber zunächst aß ich erstmal ein Pita. Pessach war gerade erst vorbei und ich musste mich vom Brotentzug immernoch erholen!
Aber zurück zu Clil!
In Clil wohnen ganz coole Leute, zum Beispiel Gaia und ihre Mutter, die mich an mich am zweiten Tag durch Clil führten. Unter anderem gibt es in Clil eine Bäckerei, ein Café, einen Bioladen, eine Töpferei, eine Heilkräuterladen und noch ein bisschen mehr. Dabei machen die meisten das nicht hauptberuflich, die Tür zur Bäckerei und zur Töpferei ist zum Beispiel immer offen, man nimmt sich was man braucht und legt das Geld einfach in eine Spardose. Schöne Mentalität, und bei den Leuten in Clil funktioniert das tatsächlich sehr gut.
Clil in grau, die vielen Häuser im Hintergrund sind eigentlich weiter weg und gehören zum arabischen Dorf Yarka.
Im Bioladen, der von einer stummen Frau betrieben wird holten wir uns veganes Eis, was schon super lecker war.
Kein Kokos-Malabi-Eis für Hunde, tut mir leid.
Außerdem haben wir noch eine Tasse Tee bei Ailec getrunken, der ist Philosophieprofessor und Selbstversorger und lebt im wohl schönste. Haus von ganz Clil, das er auch selbst aus Lehm gebaut hat. Das einzige dass Ailec im Supermarkt kaufen muss ist Salz sagt er. Hülsenfrüchte, Oliven, Weizen und diverses Obst und Gemüse baut er selbst an.
Ailec baut sogar auf seinem Dach Weizen an.
Außerdem hat Ailec eine alte Grabhöhle aus römischen Zeiten auf seinem Grundstück, in der heute aber vor allem Wasser steht.
Gruselige Gruft. Zumindest im Dunkeln würde ich sagen.
Ich lerne auch ein bisschen was über die arabischen Dörfer um Clil. In Galiläa leben viele Araber (Muslime, aber auch Christen und Drusen) friedlich mit Israelis zusammen. Viele arabische Dörfer sind für arabische Israelis ziemlich reich. Gaia sagt das liegt am Haschischschmuggel, während der 80er bis Anfang der 2000er. Die israelische Armee kämpfte im Libanon, und das damit verbundene Chaos nutzte man hier aus. Die Grenze zum Libanon ist nur 20 Kilometer entfernt.
Keine Ahnung ob das stimmt, aber ich glaube Gaia. Immerhin kiffen Israelis ziemlich viel.
Wie gesagt, Ich mag Clil. Ansonsten hätte ich ja nicht einen Monat später was darüber geschrieben. Aber sagt euren Eltern besser Bescheid bevor ihr nach Clil fahrt, ich hatte da kein Internet. Und Mama hat sich echt Sorgen gemacht.
Mittwoch, 9. Mai 2018
Dienstag, 10. April 2018
Sieben Tage Knäckebrot; oder: Pessach
Ich weiss ihr wart alle schon voll auf Entzug, aber ich glaube ich bin in der Lage euch endlich wieder mit tollem Stoff zu versorgen. Das Leben macht wieder einen Sinn, oder?
Bitte entschuldigt fehlende Umlaute, eine isralische Tastatur kann sowas nicht, dafuer aber sowas: סבבה. Cool oder? Ja, ich koennte das ein bisschen formatieren, werde ich auch ein bisschen machen. Aber halt nur ein bisschen. Und ein SZ kann ich euch leider auch nicht immer bieten.
Was war also so los? Pessachfest zum Beispiel. Und Ostern. Aber Ostern kennt man ja irgendwie, und es spielt hier nur eine kleine Rolle, meistens nur bei christlichen Arabern, in Bethlehem oder in Nordisrael. Viel wichtiger ist in Israel das Pessachfest, auch als Passover bezeichnet.
Und worum geht es da? Als aufmerksame Leser dieses Blogs, die sich in meiner Abwesenheit, in der Sehnsucht neuer Einträge meine alten Meisterwerke durchgelesen haben, koennt ihr euch bestimmt schon denken, dass es sich um einen juedischen Feiertag handelt.
Was genau wird gefeiert? Wie gefuehlt jeder juedische Feiertag: boeser Herrscher versucht Juden zu vernichten/ versklaven/ beides. Hat aber nicht geklappt, also wird gefeiert. Bei Pessach war es vor etwa 3460 Jahren (so genau weiss das keiner, auch wenn irgendwelches Rabis oder so euch das sicher genau beantworten wuerden) der Pharao. Vielleicht kennen einige die Geschichte aus dem Religionsunterricht, und kennen die dann eventuell besser als ich. Ich hatte Ethik, in der Oberstufe war das eventuell ein Fehler. Aber egal.
Also, vor etwa 3460 Jahren sind die Juden in Aegypten Sklaven des Pharaos. Die sind da natuerlich nicht so Fan von. Moses und Gott versuchen die Aegypter davon zu ueberzeugen sie gehen zu lassen, mit Hilfe der zehn Plagen. Erst nachdem mit die erstgeborenen Soehne aller aegyptischen Familien mit der Zehnten Plage draufgehen, verlassen die Juden in aller Eile Aegypten. Und irren dann ein paar Jahrzehnte durch die Wueste, bis sie dann mit Israel, ihr gelobtes Land, erreichen. Historisch belegen laesst sich das alles nicht wirklich. Aber hey, es steht in der heiligen Schrift, das genuegt bei Religion meistens. Soviel zur Geschichte, ihr merkt Jan ist kein Religionswissenschaftler.
Und was macht man jetzt bei Pessach? Eigentlich die wichtigste Frage. Pessach dauert eine Woche, wobei es, wie Ostern, jedes Jahr ein bisschen anders faellt. Dieses ging vom Sonnenuntergang des 30.3 bis zum Sonnenuntergang des 6.4. Juedische Tage und so, kennt ihr natuerlich vom Post ueber den Sabbat.
Man kann sich mit "Chag Sameach" begruessen, was in etwa frohes Fest bedeutet.
Aber dass fuer mich bedeutenste: es darf nichts Gesaeuertes verkauft oder gegessen werden. Also kein Teig der gehen muss. Also kein Brot, keine Pizza und sowas. In einem Land wo es zu allem Pita gibt und das meiste Streetfood in Pitas oder Lafa (sowas wie Wrap) verkauft wird eher unangenehm. Auch keine eingelegten Sachen. Verbotene Sachen heissen "Chametz" und werden von Judwen nicht verkauft oder gekauft, duerfen sich in keinem juedischen Haus befinden. Vielleicht hat der ein oder andere es sich schon gedacht, aber Pessach bedeutet auch:
Kein Bier!
Joa, Pessach kann schon dezent nervig sein. Zumindest verkaufen arabische Laeden Brot und sowas. Und Broetchen aus Kartoffeln werden auch verkauft. Statt Brot gibt es an Pessach Matzot (im Singular Matzo, auch Matzah oder Matze). Das ist ungesaeuertes Brot, das dezent nach Pappe schmeckt.
Matzo, hier vor den Resten einer Portion Hummus. |
Wer also gerne etwas backen moechte und es eilig hat, oder ein ziemlicher Langweiler ist, hier ein Rezept fuer Matzot. Oder Matzah. Oder Matze. Was euch halt am besten passt.
Matzah:
Zutaten (natuerlich alles Kosher!):
-300 Gramm Weizenmehl
-100 mL Wasser
-ein bisschen Mehl zum bestaeuben
Fuer ganz exotisches Matzah:
-ein wenig Salz
-ein Teeloeffel Olivenoel
Zubereitung:
-Mehl und Wasser zu einem schnell zu Teig vermischen
-den Teig aufs Blech
-den Teig in Fladen formen
-das alles muss schnell gehen, der Teig darf nicht anfangen zu saeuern, dann waere es Chametz!
-in den Ofen, bis das Matzah braeunlich und knusprig ist (sollte hoechstens 20 Minuten dauern)
-geniesst eure Pappe mit dem (koscherem) Aufstrich eurer Wahl
Aufregend oder?
Matzah schmeckt nicht nach viel. Was erwartet man auch. Und in vielenn Gegenden gibt es ueber sieben Tage keine andere Art von Brot. Sogar in Tel Aviv findet man kaum Brot, und die meisten Falafel- und Kebabbuden haben ueber Pessach geschlossen.Und womit schmeckt Matzah? Man kann draufmachen worauf man Lust hat, so lange es koscher ist. Hier ein paar Variationen.
-Matzot mit Gemuese. Ganz okay. Aber esst einfach einen Salat
-Matzot mit Hummus. Nett, aber mit Pita waere schon besser. Esst euren Hummus an Pessach einfach mit Gemuese
-Matzot mit Marmelade. Lecker, aber kommt natuerlich auf die Marmelade an.
-Matzot mit Nutella. Nutella geht ja schon immer klar. Auch mit Nutella. Holt euch bloss nicht das billigste Nutella in Israel. Der Kram ist der pure Suessstoff.
-Matzot mit Butter. So aufregend wie eine Juravorlesung. Glaube ich.
Ein paar Bilder zum Pessach und Matzot waeren angebracht oder? Und ein wenig zu Ostern in Jerusalem.
Das einzige was diesen Suesskartoffelsalat noch besser gamacht haette waere eventuell Pita. |
Hummus mit Lammkebab und Tahini, ja, das Essen in Israel ist schon ganz nice. Dazu Falafelbaellchen, Limonade, Kartoffelbrot und natuerlich Matzot. |
Broetchen aus Kartoffeln. Fuer Flutenallergiker und Pessach? |
Als wahrer Gourmet probierte ich Matzot in vielfaeltigen Kombinationen aus |
Ein Supermarkt in Tel Aviv, unter den abgedeckten Chametz Produkten befindet sich auch Bier! |
Ich dachte immer Tel Aviv waere nicht so religioes? |
Ein Vorteil an Pita: man kann damit Hummusreste aufwischen. Matzot kann das leider nicht. |
Die Begraebniskirche am Ostersonntag. |
Manchmal mach ich schon ganz coole Fotos. Glaube ich. |
Nicht gerade ein Ort der Einkehr |
Am Abend des 6.4 endete Pessach dann, und in den Supermaerkten Tel Avivs gab es wieder Brot, Backwaren und Bier. Und Jan wusste Pita und Kartoffelbrot mehr zu schaetzen als zuvor. Und er war sich sicher: Ostern ist eigentlich schon ganz cool.
Danke auf jeden Fall fuers lesen, hier kommen die Tage mehr Posts, ganz bestimmt. Bis dahin koennt ihr ja ganz viel Matzot backen. Geht ja schnell.
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